Für viele Autofahrer scheint aber genau das die größte Rolle überhaupt zu spielen.
Sind Sie schon einmal an einem Sonntag Morgen mit dem Auto Brötchen holen gefahren, weil alle fußläufig erreichbaren Bäcker geschlossen hatten?
Es dauert nicht lange und irgendein Schwachkopf hängt ihnen so nah auf der Stoßstange, als ginge es um sein Leben. Meistens ist es ein Mann. Ich weiß nicht warum das so ist, aber aus meiner persönlichen Erfahrung heraus sind es überwiegend Männer, die es immerzu eilig haben.
Wir erinnern uns: Es ist Sonntag. Kein Auto weit und breit, nur ich und der Schwachkopf.
Er fährt so dicht auf, dass ich sein nervöses Zucken im Augenwinkel sehen kann. Und endlich: Er hat es geschafft! Er überholt mich. Um dann an der nächsten roten Ampel vor mir zu stehen. Erster an der roten Ampel! Applaus, Applaus, Applaus!
Falls er dann nochmal in den Rückspiegel sieht, kann ich häufig nicht widerstehen und hebe anerkennend den Daumen oder klatsche kurz Beifall.
Ähnliche Szenen sind mir während meiner langjährigen Tätigkeit im Ambulanten Pflegedienst sehr oft wiederfahren. Am Wochenende um sechs Uhr Morgens allein im Smart auf der Straße. Allein? Nein, natürlich nicht, denn da kommt schon wieder der "Schwachkopf" rasant angeschossen und hat es wie immer eilig, eilig eilig! Koste es was es wolle, er muss an mir vorbei. Selbst bei Schnee und Eis.
Auch wenn es vollkommen ersichtlich, überhaupt keinen Sinn macht.
Was schließen wir daraus? Ist der deutsche Autofahrer dämlich?
Ist er natürlich nicht. Jedenfalls nicht im klassischen Sinn (also IQ von 50 oder so ...).
Die Problematik liegt woanders. Für einen Großteil der Autofahrer ist das Auto nicht einfach ein bequemes Fortbewegungsmittel. Sie interpretieren es als Teil ihrer Persönlichkeit.
Man sehe sich die Autowerbung an. Dynamisch, sportlich, dickes Auto = dicke Eier!
Die meisten können sich kein "dickes" Auto leisten, wollen aber natürlich trotzdem dicke Eier haben. Die Logik scheint auszusetzen, sobald sie in ihr Fahrzeug steigen.
Ein weiterer Aspekt ist, dass uns von allen Seiten suggeriert wird, wir müssten erfolgreich und leistungsstark sein. Und das immerzu. Schneller! Höher! Weiter! Erfolg mit allen Mitteln, unter allen Umständen. Die Ersten sind die besten. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.
Der frühe Vogel fängt den Wurm....usw...bla, bla, bla...
Wer so gepolt in sein Auto steigt, der kann gar nicht anders als reflexartig jeden zu überholen, der vor ihm fährt. Denn: Er muss Erster sein! Nicht Zweiter und erst recht nicht Dritter!
So haben wir das gelernt.
Setze dich durch im Leben! Überflügle alle! Dann bist du ein Gewinner.
Selbst dann wenn es überhaupt keinen Sinn macht.
Welchen Zweck erfüllt es, wenn alle auf der Überholspur fahren und die andere Spur ist komplett frei? Tausendmal gesehen.
Wie groß ist die Zeitersparnis tatsächlich, wenn mit glasigen Augen von Lücke zu Lücke gesprungen wird? Zehn Minuten? Elf Minuten? Oh, mein Gott! Vielleicht sogar zwölf!!!!!
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Platz da! Hier kommt der Schwachkopf! |
Dieses Verhalten ist absolut hirnlos und noch dazu sehr gefährlich.
Wenn es nicht so traurig wäre, wäre es lachhaft, wie auf unseren Straßen gedrängelt, gehupt, gepöbelt und genötigt wird.
Foto: autobild.de (Autobahnraser-Prozess)